Start |
Inhalt |
Aktuell |
Sängerin |
Schauspielerin |
Autorin |
Malerin |
Familie/Freunde |
Presse/Medien |
Ostzeit |
Portraits | Rezensionen | Interviews | Laudationen | Allerhand | Presse - International | |
|||||||
|
|||||||
|
"Ich schaue nach vorn""Die Rolle der Traudel war so was wie der Hauptgewinn bei einer Tombola, Schicksalsfügung, Berührtwerden von der Göttin Fortuna. Und diese Nachkriegszeit, in der die Handlung spielte, kannte ich aus eigenem Erleben, das Ausgehungertsein auf allen Gebieten. Ein Senkrechtstart, mit dem eine kurvenreiche Karriere begann", erinnert sich Eva-Maria Hagen. Schauspielerin wollte sie schon immer werden, schon als Kind. Geboren
1934 in Költschen an der Warthe, wächst sie dort und später im pommerschen
Kremlin auf. 1945 muss ihre Familie umsiedeln, nach Perleberg. Ihre
Maschinenschlosserlehre im Bahnbetriebswerk und RAW Wittenberge ist nur
Zwischenstation - sie geht nach Berlin an die Schauspielschule. Mit 19
Jahren steht Eva-Maria Hagen das erste Mal auf der Bühne - in "Katzgraben"
unter der Regie von Bertolt Brecht. Sie heiratet, 1955 wird Tochter Nina
geboren. Später ist sie am Maxim-Gorki-Theater engagiert, spielt in
Kinoproduktionen und Fernsehfilmen, u. a. "Meine Freundin Sybille", "Ware
für Katalonien", "Brot und Rosen", "ABC der Liebe", "Die Fahne von Kriwoj
Rog", "Nelken in Aspik", "Wolf unter Wölfen", "Zum Beispiel Josef", "Ein
Glas Wasser". Eva-Maria Hagen ist eine der populärsten Schauspielerinnen der
DDR. Der lange Arm der Mächtigen Doch
Biermanns kritischer Blick ist den DDR-Oberen ein Dorn im Auge. Und auch
Eva-Maria Hagen bekommt den langen Arm der Mächtigen bald zu spüren. Sie
wird bespitzelt, drangsaliert, wegen einer Lappalie stundenlang verhört -
sie erhält immer weniger Rollen- und Auftrittsangebote. 1976 protestiert sie
wie einige andere Künstler auch gegen die Ausbürgerung Biermanns - ein Jahr
später wird ihr die Staatsbürgerschaft aberkannt. Sie siedelt nach Hamburg
über. Zurück in die Heimat und die Kindheitslandschaft Den Fall der innerdeutschen Mauer, die Wende, empfindet Eva-Maria Hagen "als eine große Genugtuung und als ein Geschenk des Himmels, mit dem im 20. Jahrhundert wohl kaum noch jemand gerechnet hatte". "Zu jener Zeit schrieb mir Wolf Biermann das Lied ,Sieben Leben hat die Katze'. Darin heißt es: ,…aber plötzlich fiel die Mauer - und die Welt war wieder rund.' Ich freute mich wie ein Kind, durfte wieder in meine Heimat fahren und nun sogar in die Kindheitslandschaft hinter der Oder zurück - nach über 50 Jahren", erinnert sich die Künstlerin, die es geschafft hat, Verbitterung über versperrte Chancen und zerschlagene Träume nie zuzulassen. Ihren "Weltschmerz" trage sie nicht zu Markte. Sie verarbeite ihn auf der Bühne, verleihe ihm in unterschiedlichen Rollen und Liedern Ausdruck. "Auf dem Weg bis ins Alter gab es zwar krasse Höhenunterschiede zu verkraften, Verletzungen, Abstürze… Aber da bin ich scheinbar wie die Elefanten. Die verziehen sich ins Dickicht, verlassen das gesellige Miteinander in der Herde, wenn sie krank sind oder schwach, um dort entweder zu sterben in aller Stille - oder wie neugeboren wieder auf der Bildfläche zu erscheinen und loszutrompeten, Lebensfreude zu verbreiten, in die Kamera zu lächeln, Fragen zu beantworten…", bekennt Eva-Maria Hagen. Geschichten aus dem Abenteuerland Singen,
spielen, unterwegs sein, das hält die 73-jährige Künstlerin wach. Sie will
die Herausforderung, "die Pferdestärken meines Motors verlangen ihre
Umdrehungen". Einen Platz, wo sie Ruhe findet und Kraft schöpfen kann,
findet sie zum Beispiel in der Uckermark, wo sie sich abseits ihrer großen
Lebensmittelpunkte Hamburg und Berlin ein Refugium eingerichtet hat. Und sie
verlässt es dann wieder gern, um das Fräulein Schneider im Musical "Cabaret"
in Berlin und München zu spielen, im demnächst in der ARD laufenden
Fernsehfilm "Das Glück am Horizont" mitzuwirken oder ein neues Programm mit
jiddischen Liedern zusammenzustellen, Lieder, die Wolf Biermann ins Deutsche
übersetzte. Zauberwesen und Phantasiegestalten In
"Eva jenseits vom Paradies" schildert Eva-Maria Hagen ihre Jahre bis zu
ihrem Durchbruch als Schauspielerin. Wann hat sie ihren Film "Vergesst mir
meine Traudel nicht" zuletzt gesehen? "Neulich, ein paar Ausschnitte nur,
vielleicht aus Sorge, sentimental zu werden. Nein, nein, ich sehe mir lieber
Sachen von meiner Enkelin Cosma-Shiva an, schaue nach vorn, trete selbst im
Theater auf, schreibe, singe, male." Schweriner Volkszeitung, 12. April 2008 | von Silvia Müller |
|
|||||
|