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Pusteblume an Traummann

Der Briefwechsel von Eva-Maria Hagen und Wolf Biermann


SIE ist eine Liebesgeschichte voller Leidenschaft, Zärtlichkeit, Hingabe, Eifersucht, Streit und neuem Zusammenfinden entgegen allerlei Widrigkeiten und moralischer Vorurteile. Es ist die Geschichte einer Freundschaft, des Zueinanderstehens und unverbrüchlichen Vertrauens in politisch schwierigen Zeiten: Die Geschichte von Eva-Maria Hagen und Wolf Biermann. Sie begegneten sich 1965, genau zu dem Zeitpunkt, als der junge Liedermacher, der 1953 aus Hamburg in die DDR übergesiedelt war, mit einem totalen Verbot geächtet wurde. Und es paßte den Herrschenden in Staat und Politbüro ganz und gar nicht, daß ausgerechnet die populäre Schauspielerin sich in eine Liaison mit dem Staatsfeind einließ. Man bedrohte sie mit Berufsverbot und lockte zugleich mit attraktiven Film- und Fernsehrollen, Zuckerbrot wechselte mit Peitsche, das totalitäre Regime zeigte sein gnadenloses Gesicht.
Die Liebenden jedoch taten, was alle Liebenden tun: Sie schrieben sich Briefe, zärtliche, ausführliche, sehnsüchtige, manchmal zornige oder anklagende Bekenntnisse ihrer Gefühle. Diese hat Eva-Maria Hagen jetzt, ergänzt um Tagebuchaufzeichnungen aus den Jahren 1965 bis 1977, als sie dem zuvor ausgebürgerten Biermann nach Westdeutschland folgte, veröffentlicht. "Ich hielt es für wichtig, daß Eva ohne falsche Scheu, aber auch ohne liebevolle Rücksichten das Ihre authentisch vorzeigt", schreibt Biermann im Vorwort zu "Eva und der Wolf, dem Buch, in dem Hagen nicht nur ihre Liebes- sondern auch ihre Lebensgeschichte erzählt. Und die führt mitten hinein in die ostdeutsche Misere mit abgehörten Telefongesprächen, abgefangenen Nachrichten, mit all der miefigen Kleinkariertheit der Spitzel, die aus eingefügten Stasi-Berichten spricht.

Die Briefe erzählen von den Hoffnungen des Prager Frühlings und den auf die Niederschlagung der Bewegung folgenden Verhaftungswellen, vom Untertauchen Biermanns und geheimen Treffen mit Freunden, aber auch von Hagens Tingeln vor DDR-Oberen, Begegnungen mit Mielke, Honecker und all jenen Genossen, die den attraktiven Defa-Star erst umschwärmten, dann verfolgten. Die Lektüre führt in ein "Ländchen", in dem Lebensmittel- und Brennmaterialknappheit auch noch zwanzig Jahre nach Kriegsende herrschten und wo sich dennoch die Hoffnungen auf den Sieg des Sozialismus erfüllen sollten, sie liefert - so Biermann - "ein buntes Breughelsches Sittenbild aus DDR-Zeiten und ein Beispiel für die Lebenslust und Lebenskunst einer Frau in finsteren -nein, will sagen: in schön bewegten Zeiten." Und weil es viel mitzuteilen gibt von "dieser wunderbaren und grausamen Welt", ist Eva-Maria Hagens Buch ein umfangreiches geworden, eine lebendig-spannende Geschichte in Briefen, privat, jedoch nie peinlich, politisch, jedoch ohne Phrasendrescherei, mit Fotos, die das Damals mit Witz und Wehmut vor Augen führen.

Daß der Dichter Biermann ein interessanter Briefschreiber ist, setzen wir voraus, daß Eva-Maria Hagen ihm an Orginalität und Sprachwitz nicht nach – sondern gleichberechtigt zur Seite steht, ist eine der Überraschungen des Buches.

Bärbel Reetz

 


 

 

 

 

 

 

 


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