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Leserstimmen zum Buch "Eva und der Wolf"

Eva und der Wolf
Hagen, Eva-Maria - Erfahrungsberichte
Begegnung mit Nina Hagens Mutter


Liebe Bücherfreundinnen und Bücherfreunde!

Ich weiß nicht mehr, wie dieses Buch zu mir kam, aber als ich einen ersten Blick reinwarf, dachte ich: ,Oh nein. Das sind ja nur Briefe von einer Frau an ihren Liebsten ohne jede Erklärung der Umstände, Gegebenheiten und Hintergründe für den nicht allwissenden Leser.' Und legte es beiseite: "Eva und der Wolf" von Eva-Maria-Hagen

Das Econ-Taschenbuch der 3. Ausgabe von 2002 hat 533 Seiten und 8,95 Euro gekostet. 1998 ist es zum ersten Mal erschienen.

Die Autorin: Viele werden Eva-Maria Hagen als Mutter von Nina Hagen kennen.
Vielleicht noch als Großmutter von Cosma Shiva.
Dabei war bzw. ist sie eine sehr bekannte Schauspielerin der DDR.
Eva-Maria wird 1934 im heutigen Polen geboren. Sie beginnt eine Lehre als Maschinenschlosserin, die sie aber zu Gunsten einer Schauspielausbildung nicht beendet. Sie beginnt ihre Schauspielerkarriere 1953 am Berliner Ensemble, damals DAS Theater überhaupt, noch unter der Regie von Bertolt Brecht. 1954 heiratet sie Hans-Oliva Hagen, 1955 wird Catharina (Nina) geboren. Die Ehe hält nur fünf Jahre.

Sie dreht vor allem Filme, in denen sie die dralle Blondine ist, die auch singt; sozusagen die Marilyn Monroe oder die Brigitte Bardot der DDR. Ich finde sie viel schöner als Brigitte oder Marilyn. Auf den Fotos in dem Buch und auch auf anderen Bildern, die ich gesehen habe, hat sie etwas ganz Eigenes. Sie hat wundervolle weiche Gesichtszüge, aber mit sehr viel Ausdruck.

Das Buch und meine Begeisterung:
1965 begegnet sie Wolf Biermann - und hier setzen das Buch und der erste Brief ein.

Eva-Maria Hagen hat Briefe, Tagebuchaufzeichnungen und Stasiberichte zusammengetragen und damit von 1965 bis 1977 ein geschichtsträchtiges Bild dieser Zeit aufgezeigt. Die Briefe zwischen ihr und Wolf Biermann (ich hatte zu schnell geurteilt - es sind sehr wohl auch seine Antwortbriefe veröffentlicht worden) sind so voller Liebe und Hingabe, aber auch voll von ganz normalem Alltag. Eva-Maria hat zwar einen unbefristeten Vertrag mit der DEFA, wodurch sie auch Geld bekommt, wenn sie nicht dreht (und das nicht schlecht). Aber sie dreht auch viel im Ausland und dadurch kam der intensive Briefwechsel mit ihrem Geliebten Wolf zustande.

Im Dezember 1965 wird Wolf Biermann in der DDR verboten und damit bekommt auch Eva-Maria Hagen Probleme. Ihre Beziehung ist nicht gerne gesehen; die Rollen werden spärlicher - aber wie schon gesagt, sie bekommt trotzdem ihr Geld. Befriedigend ist das selbstverständlich nicht. Sie besorgt sich auf eigene Faust Rollen am Dessauer Theater in dem Musical "My fair Lady" und in Annaberg im Theaterstück "Can-Can" (u. a. zusammen mit Nina). Auch hier wieder wunderbare traurig-schöne Briefe, in denen sich die beiden unendlich vermissen. Kleine und große Streits gibt es natürlich aber auch. Leider werden diese manchmal nicht bis zum Schluss über die Briefe ausgetragen, am Ende steht wohl die persönliche Versöhnung, so dass dem Leser Einzelheiten vorenthalten werden.

Zeichnungen, kleine Lieder und Gedichte, Briefe auch von Nina, Eva-Marias Tagebuchaufzeichnungen und ganz viele wundervolle Fotos runden das Bild ab. Besonders die Bilder von Eva-Maria zusammen mit Nina finde ich toll. Die eine blond, die andere dunkel - und doch sehen sie sich unglaublich ähnlich. Und wie hübsch Nina mal war! Gerade auch wegen der abgedruckten Lieder ärgere ich mich, dass ich mir nicht das Hörbuch gekauft habe; dort singt sie die Lieder nämlich selbst.
Dass ihre Briefe von der Stasi gelesen werden, wissen Wolf und Eva-Maria. Oft sprechen sie in ihren Briefen die Stasi-Mitarbeiter direkt an.

Hier ein Beispiel dafür aus einem Brief von Wolf vom 10. Oktober 1967 und außerdem sieht man hier auch die wunderbare Leichtigkeit und Liebe, mit der sich die beiden schreiben:
"... Ich bitte die verehrten Mitleser, diesen Brief gleich weiterzugeben, er enthält weder zersetzende Äußerungen noch codierte Wortkombinationen noch Wasserschriften, sondern nur ein harmlose, aber ungeheuer für die Welt wichtige Mitteilung an Eva-Maria Hagen, dass ich sie fast so leidenschaftlich herbeisehne wie den Sozialismus. Ich bitte also die geliebten Genossen auch in Bulgarien ihre staatserhaltende Arbeit zu beschleunigen, damit meine arme einsame Frau vor ihrem Abflug noch eine Freude hat. (Hier endet der offizielle Teil. Lesen Sie bitte mit geschlossenen Augen weiter, wenn's sein muss.)

Eva, der verdammte Herbst hustet durch die Friedrichstraße. Kalt, nass, die Büsche auf dem Hugenottenfriedhof sind ausgefranst, die Bäume zerschlissen [...] Komm schnell und wärme mich, erwecke mich wieder zum Leben, lass mich die großen Tode sterben vor dem Altar deines Hinterns und küss mich gesund von der Einsamkeit." [Zitat S. 140/141]
Nicht nur, dass die Briefe gelesen werden - die Telefone werden auch abgehört und das kann man in den abgedruckten Stasiberichten nachlesen. Oft wird nur geschrieben, mit wem die beiden sprechen, ob sie Kritik an der DDR üben, mit wem sie sich treffen usw.

Aber dann wird ein IM auf die beiden angesetzt. Eine Frau namens Lerche.
Beim Lesen stockte mir der Atem. Die Gefühle gingen von ,ich kann es einfach nicht fassen' bis ,mein Gott, ist das spannend'. Wieso sind die Menschen so? Warum täuschen sie Freundschaft vor und bespitzeln einander dann?
Lerche berichtet, wie Eva-Maria Vertrauen zu ihr fasst, welche (politischen) Lieder Wolf schreibt, mit wem sie im Westen Kontakt haben. Ja, und dann verführt Lerche Wolf. Oder wollten es beide? Ist ja auch egal. Aber wie muss das für Eva-Maria sein, so etwas Jahre später zu lesen? Ob sie es schon vorher gewusst hat? Ich glaube nicht, denn dann hätte sie diesen Seitensprung ja auch in ihren Briefen angesprochen. Diese Seiten im Buch haben mich sehr mitgenommen.

Plötzlich eine komische Stimmung in den Briefen. Kein eindeutiges Wort, aber zwischen den Zeilen kann man lesen, dass sie sich getrennt haben.
Er: "Meine Liebe, bleibe weg von mir, solange es dir nötig ist, aber nicht eine Stunde länger ..." [Zitat S. 415]

Will sie von ihm wegbleiben, weil Nähe ihr wehtut?
Sie: "Mein mir abhanden gekommener Gebieter und Schatz ..." [Zitat Seite 416]

Sind da noch Gefühle? Aber es haut einfach nicht mehr hin?
Er: "Ich liebe dich und liebe dich noch und wieder und habe eine schlimme Sehnsucht, die mich aber nicht krank macht, weil ich weiß, dass wir uns finden werden, sobald du abgekühlt bist und dein Herz offen und deine Arme für mich offen sind." [Zitat Seite 420]

Will er sie zurück?
Aber einige Briefe später wird klar: Sie hat einen neuen Freund und er eine neue Freundin, die dann sogar von ihm schwanger wird, bzw. da ist noch eine andere Frau, die auch ein Kind von ihm hat - so ganz durchgeblickt in seinem Liebesleben habe ich nicht.

Und dann kommt die Zäsur: Nach Wolfs Konzert in der Kölner Sporthalle am 13. November 1976 darf er nicht wieder in die DDR zurückkehren. Er wurde ausgebürgert, ihm wurde die Staatsbürgerschaft aberkannt.
Viele Künstler protestieren; die Folge: Die Stasi wird besonders lästig.

Eva an Wolf: "Nun bist du einfach weg aus unserem Land. Ich denke, schreib, lese es, spreche es aus, sinne dem Inhalt der Worte hinterher; begreifen aber ... Jetzt fangen sie an, uns die Seele zu häuten, die Aussicht zu vergrätzen." [Seite 450]
Einige Künstler, Freunde verlassen daraufhin ebenfalls die DDR. Ihre Tochter Nina sogar ohne Zögern und recht früh.

Hier ein Brief von Nina an Wolf, typischer kann er nicht sein:
"... Die wolln mich so gerne hierbehalten und ich finde immer mehr, dass der Schritt richtig ist und war, mit dem Antrag. Denn da sehen sie wenigstens, dass sie irgendwie Scheiße gemacht ham. Und wenn du wieder herkannst, ich doch auchi. Wär bloß Kacke, wenn ich jetzt 10 Jahre rumklucke und nichts mache. - ABER: für den Fall hab ich mir was ganz Tolles ausgedacht: ich werde politisch. Und ich lasse mir einen Seehundsbart wachsen, wie du Bieri.
Aber jetzt mal im Ernst thählmann: ich habe keine Angst nich ..." [Zitat Seite 461]
Eva verliert ihre Anstellung. In ihren Briefen wird ihre Zerrissenheit deutlich: Sie will bleiben wegen ihrer vielen Freunde und weil die DDR ihre Heimat ist, aber sie will auch zu Nina und Wolf.

Und dann fällt sie ihre Entscheidung: Ausreisen! Und damit gibt es wieder einige wichtige Sachen zu entscheiden und zu erledigen. Sie muss den Antrag stellen und dann ihr gespartes Geld ausgeben, denn sie darf nichts mit rübernehmen. Sie kauft vor allem Instrumente und Möbel.
Dann längere Diskussionen darüber, wo sie, Wolf und sie und seine beiden Frauen (als eine Art WG) hinziehen sollen: Nach Hamburg, wo Nina bereits lebt, oder nach Köln, wo Heinrich Böll lebt und es den größten Fernseh- und Rundfunksender (WDR) gibt.

Das Buch neigt sich dem Ende; ich lese langsamer, will noch nicht, dass es zu Ende ist. Fotos vom Möbelpacken und dann ihr letzter Brief aus der DDR an Wolf:
"Am Montag, [...] am 28. März 1977, muss ich raus aus der Deutschen Demokratischen Republik. [...] Viele sind traurig, dass wir gehen, sagen, wenn ich weg bin, bist du erst wirklich gegangen. Weil durch mich immer noch ein Kontakt zu dir da war ..." [Zitat Seite 533]

Ich habe das Ende vorweggenommen - ich hoffe, ihr seid nicht böse, aber die viel wichtigeren Fragen, die mir nicht aus dem Kopf gehen wollten, waren: Wie ist es Eva-Maria in der BRD ergangen? Wo ist sie hingezogen? Ist sie zusammen mit Wolf in die WG gezogen? War es Hamburg oder Köln?

Das Danach:
Ich durfte Eva-Maria Hagen kennenlernen. Sie hat in einem Berliner Café einen bunten Abend gestaltet mit Ausschnitten aus ihren Filmen und mit vielen kleinen Anekdoten und Geschichten aus ihrem Leben. Sie ist immer noch sehr, sehr schön, hat unheimlich Ausstrahlung, lacht viel - toll. Ich habe sie auch gefragt, wie ihr Leben weiterging und erfahren, dass sie an einem neuen Buch arbeitet. Und von dem werde ich mir garantiert die gebundene Ausgabe kaufen, denn es war mir etwas peinlich, mir ihr Autogramm in ein billiges Taschenbuch geben zu lassen. Sie lebt jetzt in Hamburg und malt.
Hier mehr über sie: www.eva-maria-hagen.de

Warum man das Buch einfach lesen muss:
Eva-Maria Hagen mag keine richtige Schriftstellerin sein (obwohl sie bereits ein Buch über ihre Kindheit und Jugend geschrieben hat), sie ist "nur" eine Schauspielerin, die ihren Briefwechsel, Tagebuchauszüge und andere Dokumente veröffentlich hat -

Aber dieses Buch hat für mich einfach alles, was ich liebe: Geschichtliche Hintergründe, ganz viel wundervolle Liebe und Spannung bis zur letzten Seite. Wer sich also für jüngere Zeitgeschichte, Liebesromane und Krimis interessiert, ist mit "Eva und der Wolf" bestens beraten.
Eure Sandrine.

PS: Bitte entschuldigt, dass der Bericht so lang geworden ist, aber er war mir eine Herzensangelegenheit.

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Weitere Stimmen zum Buch "Eva und der Wolf"

... Mich selbst zwingend, lese ich in nur kleinen Dosen weiter in "Eva und der Wolf".
- Der erste Gedanke: Danach wird er nie wieder Liebesbriefe schreiben können, ohne sich zu wiederholen. Aber auch Eva nicht. - Ich denke, diese Liebesbriefe sind ja nicht nur irgendein Liebesgestammel, wie jeder Mensch sie zu irgendeiner Zeit im - zumeist kurzlebigen - Liebestaumel absondert; diese Briefe (und Tagebuchaufzeichnungen) gehen weit darüber hinaus. Sie legen nicht nur Zeugnis ab von zwei sich liebenden Menschen, sie sind nicht nur literarische Dokumente zweier hochkarätiger Künstler, wobei Eva Biermann durchaus gleichwertig ist: brillant-funkelnd, geistreich, poetisch; Wortneuschöpfungen einfließen lassend mit einer Selbstverständlichkeit und in einer Fülle, daß ich in Versuchung gerate atemlos weiter zu lesen, sondern hierzu ist dieses Buch so aufregend (Andere würden spannend sagen) durch den poetischen Kontext: Zwei Liebende in einem Dante'schen gleichen Höllen-Inferno, von kriechend, schleimigen, feigen, unterwürfigen, frechen, dreist-dummen, bösartigen bis hin zu mörderischen Figuren umzingelt (aber auch umgeben von einigen wenigen aufrechten Freunden) Und die Beiden sehen und spüren ja die Hölle und deren Gelichter, kennen die Gefahren, aber sie schweben - den Brecht'schen Kranichen gleich - über alle Fährnisse: So ist die Liebe Liebenden ein Halt. Ein Dokument, das in die Reihe der klassischen Liebesgeschichten der Weltliteratur und gleichzeitig in den Geschichts-Unterricht der Schulen gehört, das Zeugnis ablegt von hoher Moral. (Ich meine nicht die bürgerliche Moral!) und von Mut. Von Mut, der so selten geworden. - Danke Eva. -

Judith Priberg

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Von Jürgen Weber am 25.01.2007

Die Geschichte einer DDR-Liebe wird hier in Liebesbriefen, Stasiakten und S/W-Fotos nacherzählt. Der wohl prominenteste Liedermacher der DDR, Wolf Biermann, und eine der bekanntesten Schauspielerinnen derselben, Eva-Maria Hagen, nehmen sich in diesem Buch kein Blatt vor den Mund. Auch auf die Zensur wurde verzichtet, wie Biermann im Vorwort betont: „Wer nichts als lauter objektive Wahrheiten von einem Menschen verlangt, ist ein Trottel. Aber radikale Wahrhaftigkeit, die wollen wir schon.“
„Dass es dich gibt, macht das Dasein im Hiersein sinnvoll, also sinnlich wahrnehmbarer sinngemäss ausgedrückt unsinnigerweise. Falls sich beim Drübernachsinnen der Sinn entstellte, war es nicht im Sinne der Sinnsuchenden. Trotzdem ist das Leben sinnig und süß.“

Und gerade dieses „Trotzdem“ ist es, das meistens hilft über die schlimmsten Zeiten hinwegzukommen. Wolf Biermann wurde ja mit einem Auftrittsverbot in der DDR belegt und das schadete massgeblich seinem künstlerischen Ich. Eva-Maria Hagen machte es sich durch ihr öffentliches Bekenntnis zum verschrienen Liedermacher auch nicht gerade leichter und so litt auch ihre Filmkarriere.
Tragisch sind auch die abgedruckten Stasi-Dokumente, die zeigen, wie sich enge Freunde aus dem engsten Umkreis als Verräter und Spitzel betätigt haben. Aus einem Protokoll: „(…)ich glaube wohl, dass Biermann mir einiger Massen freundlich gesonnen ist, möglicherweise aus dem Grund, weil er doch etwas unter Einsamkeit lebt und sich freut, mit irgendwem zusammenzukommen, sich zu unterhalten, mehr noch, seine Lieder vorzustellen“. Natürlich war er einsam, da alle Angst hatten, sich mit ihm sehen zu lassen, Angst vor Repressionen.
Es kommt übrigens auch die kleine „Nina“ zu Wort, der ja noch ein etwas anderes Schicksal beschieden war, wie wir wissen und deren Karriere mit ihrer Mutter zusammen in „Can-Can“ begann, Fotos inklusive!
1977 – nachdem ihre Mutter, Biermann und Nina längst im Westen leben – schreibt schliesslich auch Eva-Maria Hagen den unvermeidlichen Antrag auf Ausreise aus der DDR. Damit verliert die DDR eine ihrer besten Schauspielerinnen und die Hagen gewinnt ihre Freiheit. Natürlich fiel der Abschied von ihren Freunden in der DDR nicht leicht, aber bald gewann sie neue im Westen. Aber das ist eine andere Geschichte… Im gleichen Verlag erschien auch: „Eva jenseits vom Paradies“ in dem sie über den Krieg berichtet, über das Leben als Flüchtlingskind, die Verwirklichung ihres Traums und ihre Entbehrungen und unerfüllten Hoffnungen.

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Quelle: Amazon - 1965 in der DDR: Eva-Maria Hagen und Wolf Biermann verlieben sich ineinander - kurz bevor der junge Liedermacher mit einem Berufsverbot geächtet wird. Die Liaison zwischen der populären Schauspielerin und dem Staatsfeind ist den Mächtigen ein Dorn im Auge.
Doch sie hält zu ihrem Geliebten. Ein lebendiges Sittenbild der damaligen DDR - und eine wunderschöne Liebesgeschichte.

Meine Meinung : Von der ersten bis zur letzten Seite hat mich das Buch gepackt. Letzte Bildunterschrift: „Frühjahr 1977, Wolf und Eva im Westen angekommen, aber trotz des schönen Apfels nicht im Paradies“.

Dieses Buch besteht aus Briefen von Eva-Maria Hagen und Wolf Biermann, Tagebucheintragungen von Eva-Maria, Berichten von IMs und einigen offiziellen Dokumenten. Sie wollten nicht weg aus der DDR, Eva-Maria und Wolf. Doch man ließ ihnen keine Wahl. Die beiden lieben sich, sie, die DDR-Schauspielerin, und er, der politische Querulant, der die Dinge beim Namen nennt. Ihn bürgert man 1976 aus, als er bei einem Konzert in Köln, zu dem er die Reisegenehmigung hatte, bei einer Diskussion die DDR teilweise kritisiert, an anderer Stelle aber auch wieder verteidigt. Und irgendwie hat sich die DDR da ins eigene Fleisch geschnitten. Nach der Ausbürgerung wurde das gesamte Konzert, das vorher im Dritten des WDR gezeigt wurde (was in der DDR nicht empfangen werden konnte) im ARD-Fernsehen ausgestrahlt. Und erst jetzt erfuhren viele DDR-Bürger erstmals etwas von Wolf Biermann und seinen Liedern. Das Buch beginnt mit einem Brief von Eva-Maria Hagen aus dem Jahr 1965. Welch eine bildhafte Sprache. Verspielt, verliebt.
Die Sprache ändert sich mit der Zeit. Wird sachlicher bei Problemen und wütend im Streit. Traurig und zornig nach der Ausbürgerung Biermanns. "Wolf, warum wurden Himmel und Hölle für das Jenseits erfunden, Gott und der Teufel, Paradies und Fegefeuer, wo es all das doch schon im Diesseits gibt?!"
Mit Wut habe ich die Berichte der IMs gelesen, mit Wut gelesen, wie man mit den Menschen aus Biermanns engstem Umkreis umgegangen ist. Wie man versucht hat, sie einzuschüchtern, zu drohen.

"Eva und der Wolf" erzählt nicht nur eine Liebesgeschichte, das Buch erzählt auch ein Stück Zeitgeschichte der DDR.

Veröffentlicht am 14.07.10 ! - Lesende Grüße von Anne
"Wenn ich ein wenig Geld bekomme, kaufe ich mir Bücher. Wenn etwas übrig bleibt, kaufe ich mir Essen und Kleidung." - Erasmus von Rotterdam -'

(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.07.2010 06:13 von Monalou.)

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Von Jürgen Weber am 25.01.2007

Die Geschichte einer DDR-Liebe wird hier in Liebesbriefen, Stasiakten und S/W-Fotos nacherzählt. Der wohl prominenteste Liedermacher der DDR, Wolf Biermann, und eine der bekanntesten Schauspielerinnen derselben, Eva-Maria Hagen, nehmen sich in diesem Buch kein Blatt vor den Mund. Auch auf die Zensur wurde verzichtet, wie Biermann im Vorwort betont: „Wer nichts als lauter objektive Wahrheiten von einem Menschen verlangt, ist ein Trottel. Aber radikale Wahrhaftigkeit, die wollen wir schon.“
„Dass es dich gibt, macht das Dasein im Hiersein sinnvoll, also sinnlich wahrnehmbarer sinngemäss ausgedrückt unsinnigerweise. Falls sich beim Drübernachsinnen der Sinn entstellte, war es nicht im Sinne der Sinnsuchenden. Trotzdem ist das Leben sinnig und süß.“
Und gerade dieses „Trotzdem“ ist es, das meistens hilft über die schlimmsten Zeiten hinwegzukommen. Wolf Biermann wurde ja mit einem Auftrittsverbot in der DDR belegt und das schadete massgeblich seinem künstlerischen Ich. Eva-Maria Hagen machte es sich durch ihr öffentliches Bekenntnis zum verschrienen Liedermacher auch nicht gerade leichter und so litt auch ihre Filmkarriere.
Tragisch sind auch die abgedruckten Stasi-Dokumente, die zeigen, wie sich enge Freunde aus dem engsten Umkreis als Verräter und Spitzel betätigt haben. Aus einem Protokoll: „(...)ich glaube wohl, dass Biermann mir einiger Massen freundlich gesonnen ist, möglicherweise aus dem Grund, weil er doch etwas unter Einsamkeit lebt und sich freut, mit irgendwem zusammenzukommen, sich zu unterhalten, mehr noch, seine Lieder vorzustellen“. Natürlich war er einsam, da alle Angst hatten, sich mit ihm sehen zu lassen, Angst vor Repressionen.
Es kommt übrigens auch die kleine „Nina“ zu Wort, der ja noch ein etwas anderes Schicksal beschieden war, wie wir wissen und deren Karriere mit ihrer Mutter zusammen in „Can-Can“ begann, Fotos inklusive!
1977 – nachdem ihre Mutter, Biermann und Nina längst im Westen leben – schreibt schliesslich auch Eva-Maria Hagen den unvermeidlichen Antrag auf Ausreise aus der DDR. Damit verliert die DDR eine ihrer besten Schauspielerinnen und die Hagen gewinnt ihre Freiheit. Natürlich fiel der Abschied von ihren Freunden in der DDR nicht leicht, aber bald gewann sie neue im Westen. Aber das ist eine andere Geschichte…
Im gleichen Verlag ist auch erschienen: „Eva jenseits vom Paradies“ in dem sie über den Krieg berichtet, über das Leben als Flüchtlingskind, die Verwirklichung ihres Traums und ihre Entbehrungen und unerfüllten Hoffnungen.

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25. Mai 2010

Man kann gar nicht aufhören zu lesen...
Von libri magistri - Alle meine Rezensionen ansehen
... so schön sind die Briefe der Hagen. Und obwohl das Buch über 500 Seiten stark ist, fragt man sich am Ende... "Ja und nu???
Mehr, mehr, mehr!!!"

Wir leben in einer Zeit, in der die Email den Brief weitestgehend ersetzt hat und man nur den Ruf "Sie haben Post" folgen muss, anstatt zum Briefkasten zu laufen. Und seien wir ehrlich - in der heutigen Zeit ist auch die Art des Schreibens eine andere geworden. Das wird einem klar, wenn man die tollen Briefe der Hagen an Wolf Biermann liest und staunt, wie gekonnt und unterhaltsam sie ihren Alltag, ihr künstlerisches Schaffen und ihre Konflikte zum Ausdruck bringt und dabei doch ins poetische gleitet, ohne schwülstig zu werden. Das vermittelt einen Eindruck vom künstlerischen Niveau dieser Frau, ohne sie als Person psychologisch einschätzen oder interpretieren zu müssen.

Es wird schnell klar, wie sehr die Frau zu Biermann aufgeblickt hat (und es vielleicht auch heute noch tut) und auch von ihm beeinflusst wurde - sowohl negativ als auch positiv und ich fragte mich beim Lesen, ob sie das wirklich nötig hatte - wahrscheinlich ja, denn sie hat sich an Biermann gemessen und sich dabei in Höhen aufgeschwungen, in denen sie Biermann überflügelt hat. Ich muss gestehen, auch die Briefe von Biermann haben einen gewissen Charme, sind aber meines Erachtens relativ austauschbar, denn abgesehen von einigen persönlichen Erlebnissen, die er schildert, sind seine Zärtlichkeitsbekundungen weitestgehend die gleichen, während sich Eva in dieser Beziehung sehr viel kreativer zeigt und damit beweist, dass sie sich nicht hinter einem Biermann verstecken muss.

Leider sind einige Lücken in den Aufzeichnungen enthalten, wenn es um die tiefen persönlichen Konflikte geht, die Eva-Maria Hagen mit sich, der Partei, ihren Kollegen und Wolf Biermann auszutragen hatte - einiges kann man erahnen, anderes bleibt im Dunkeln. Aber man sollte Frau Hagen auch zugestehen, nicht alles zu veröffentlichen, was sie im Tiefsten berührt oder verletzt hat - man akzeptiert einfach ihre sich selbstgesetzten Grenzen der öffentlichen Aufbereitung ihres Lebens und ist dankbar für die immense Fülle des übrigen Materials.

Zeitgeschichtlich ist dieses Buch sicherlich ein Gewinn, wird doch die Präsenz des Staates und der Staatsspitzel allgemein im künstlerischen Kreis und speziell im Vertrauensumfeld Biermanns mehr als deutlich. Und man fragt sich, wie anders hätte diese Beziehung der beiden verlaufen können und wäre dieses Buch überhaupt entstanden, wären Hagen und Biermann diesen Konflikten nicht ausgesetzt gewesen. Denn eines wird auch klar ersichtlich: die Konzequenzen die aus Biermanns Berufsverbot und Hagens ständiger Überwachung erwachsen waren, belasteten die Beziehung nicht nur, sondern sie sorgten dafür, dass beide noch enger aneinander gebunden waren. Wie weniger oder stärker innig wäre diese Beziehung und spätere Freundschaft gewesen, hätte es diesen Druck von aussen nicht gegeben? Sehr witzig fand ich in diesem Zusammenhang die gelegentlich in den Briefen vorkommende direkte Anrede der mitlesenden Stasi-Spitzel durch Eva-Maria Hagen und besonders durch Wolf Biermann.

Alles in Allem scheut sich die Hagen nicht, dem Leser tiefe und mitunter schonungslose Einblicke in Ihre Vergangenheit zu gewähren - komplettiert durch Auszüge aus Stasi-Akten und Polizeiprotokollen sowie durch zahlreiche Bilder. Und sie gibt dem Leser die Möglichkeit zu erkennen, dass jede Beziehung ihre Höhen und Tiefen hat und dass die Liebe in ihrer wunderbaren und grausamen Allmacht weder vor einfachen Leuten noch vor Künstlern und politisch Unterdrückten haltmacht - ein wirklich wunderbares Werk! Ein dickes Dankeschön an die Eva und auch an die Marie!

 

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